Ästhetische Korrespondenz über Wasser

Der Titel dieses Kunstprojektes „WASSERgleich....WODAjest....“ trägt mehr als das Thema des Ur-Elements in sich - zwei Sprachen werden durch fließende Symbole.... miteinander verbunden, quasi überbrückt. Und trotzdem steht der Titel wie eine offene Gleichung, auch als Aufforderung zur Suche nach einer Lösung. Die Aufgabenstellung ist lokal, global, multipel. 

Was kann ein Kunstprojekt dabei bewirken? Es entwickelt Verbindung und Austausch - eine Korrespondenz, die eine bedeutsame Gestaltung des Wahrnehmens und Handelns bewirkt. 

Die Korrespondenz begann im Frühjahr 2013, als die drei Projektpartner Ennepe-Ruhr-Kreis, Landkreis Görlitz und Eugeniusz Geppert Akademie der Schönen Künste Breslau einen Kooperationsvertrag für dieses Kunstprojekt unterzeichneten. Noch im Herbst des gleichen Jahres stellten Kunstpreisträger aus dem Ruhrgebiet gemeinsam mit Oberlausitzer Künstlern und Künstlern aus Wrocław ihre Werke zum Thema „WASSERgleich....WODAjest....“ an der Ruhr aus.

Nach dem Auftakt an der Ruhr setzte sich die Korrespondenz in Görlitz-Zgorzelec fort. Ein Arbeitstreffen der Künstler im Mai 2014 diente dazu, die gleichnamige Ausstellung in Görlitz-Zgorzelec vorzubereiten. Die Künstler machten sich mit Wasser-Geschichten der Stadt Görlitz vertraut, gingen dem Thema im Senckenberg Museum für Naturkunde nach, erkundeten die Neißeufer und wurden von Mitarbeitern der Stadtwerke Görlitz AG durch das Wasserwerk und den historischen Ponte-Kanal geführt. 

In Görlitz-Zgorzelec korrespondiert das Kunstprojekt in drei Ausstellungsorten über Grenzen hinweg: vom historischen Hallenhaus am Untermarkt 2 -  entlang der via regia, auf der Altstadtbrücke, über die Neiße bis hin zum polnischen Dom Kultury Zgorzelec. 

Eine weitere Ebene der Korrespondenz mit der Stadtwerke Görlitz AG ermöglicht die Installation MORGANA an der Altstadtbrücke. 

Mit der Videoinstallation  „Schweben-Leben“ - einer ästhetischen Beschreibung der Plankton-Organismen bereichert das Senckenberg Museum für Naturkunde das Kunstprojekt durch einen naturwissenschaftlichen Bezug. 

Die Ausstellung selbst ist in einer Art ästhetischer Korrespondenz über das Phänomen Wasser zusammengestellt, einer  Praxis des Auslegens und Beschreibens. Sie stellt die unentbehrliche Ressource Wasser in ökologisch-philosophische Zusammenhänge, in Widersprüche, Entbergung und Seins-Erfahrung. Die dabei entstehende Atmosphäre könnte hinsichtlich des Umgangs mit Wasser wie ein Dombau für die Vernunft sein. 

In den Werken der Künstler wird Wasser zum materiellen und immateriellen Gestaltungsmittel, das in sich seine Umwelt widerspiegelt. Durch die Verwendung dieses, in seiner physischen Eigenschaft zwar darstellbaren und verwendbaren, aber ohne technische Hilfsmittel nicht dauerhaft greifbaren „Werkstoffs“, wird dem Betrachter der existenzielle kausale Zusammenhang zwischen Mensch, Wasser, Leben und der zwingend notwendige verantwortungs-bewusste Umgang mit dieser einzigartigen Ressource deutbar vor Augen geführt. 

Mit Wasser verbinden die Menschen ihre Sehnsucht nach Schwerelosigkeit, nach Entgrenzung und Auflösung von Material. Wasser spielt im Menschen die höhere Oktave und Dynamik des Unbewussten. Die prosaische Materie assoziiert Lustvolles, Gefährliches, Erotisches und Archaisches - seit Generationen bewahrt und kultiviert.

Nichts ist weicher und nachgiebiger als Wasser und doch gibt es nichts, das wie Wasser Starres und Hartes bezwingt. Das Weiche überwindet das Harte und das Schwache überwindet das Starke: 

WASSERgleich....WODAjest.... 

Eine Vielzahl von möglichen Konnotationen – die Korrespondenz darüber wird 2016 in der Kulturhauptstadt Breslau fortgesetzt.

Ramona Faltin
Kuratorin des Kunstprojektes